MATERIALIEN ZUR DIDAKTIK DER GEOGRAPHIE UND WIRTSCHAFTSKUNDE • BAND 24

ISBN: 978-3-900830-76-2

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EUR 15,- (für Studierende: EUR 12,–) 


Clemens Wieser:

Was sich aus Schülerorientierung machen lässt

Theoretische Anknüpfungspunkte und Handlungsstrategien aus der Praxis

Wien 2010, 124 Seiten

Unterricht in Schulen steht in der Kritik, an den Schüler/inne/n vorbei zu gehen. Diesen bleibt zu oft unklar, welche Relevanz der präsentierte Gegenstand für sie hat und wie er ihr Leben betrifft. Die Didaktik hat versucht, diese Kritik zu entkräften, indem Konzepte entwickelt wurden, um Unterricht für Schüler/innen relevant werden zu lassen. Eines dieser Konzepte wird unter dem Begriff „Schülerorientierung“ gehandelt. Schülerorientierung möchte bereits begrifflich Antwort auf die Kritik leisten. Sie soll Lehrer/inne/n die Möglichkeit geben, ihren Unterricht an den Interessen und Bedürfnissen der Schüler/innen zu orientieren. Um diese anzusprechen, ist zu fragen, welche Relevanz der im Unterricht präsentierte Gegenstand für sie bekommen kann. Auf diese Weise wird Schülerorientierung zu einem fachdidaktischen Konzept. Der vorliegende Beitrag setzt sich damit auseinander, was Schülerorientierung für den Gegenstand „Geographie und Wirtschaftskunde“ (GW) bedeuten kann. 

Bislang wurde eine Vielzahl von Vorschlägen beschrieben, wie schülerorientiert unterrichtet werden kann. Wie Schülerorientierung in der Praxis des Unterrichtens umgesetzt wird, wurde bislang allerdings nicht beforscht. Dieser Beitrag widmet sich der Schülerorientierung in der Praxis des GW-Unterrichts. Im Rahmen einer qualitativen empirischen Studie wurde untersucht, wie Lehrer/innen das Konzept „Schülerorientierung“ im GW-Unterricht verwirklichen. Aus Gesprächen mit Lehrer/inne/n wurde rekonstruiert, wie sie das Konzept für ihre Praxis verstehen und für ihren Unterricht gangbar machen. Begleitend dazu wurde durch teilnehmende Beobachtung erfasst, wie schülerorientierter GW-Unterricht in der Praxis umgesetzt wird. Auf Basis der Transkripte von Gesprächen und der beobachteten Unterrichtsstunden wurde rekonstruiert, welche Handlungsmöglichkeiten Lehrer/innen für schülerorientierten Unterricht sehen. Die Studie identifiziert, benennt und beschreibt diese Handlungsmöglichkeiten. Für Lehrer/innen werden auf diese Weise Perspektiven schülerorientierten Unterrichtens offengelegt, die systematisch nach Handlungsebenen und mit Beispielen aus der vielfältigen Praxis von GW-Lehrer/inne/n vorgestellt werden. 

Gleichzeitig macht die Studie auf Probleme aufmerksam, die bei der Umsetzung des Konzepts „Schülerorientierung“ in der Praxis des Unterrichtens auftreten. Diesbezüglich entwickelt die Studie eine Kritik am Konzept „Schülerorientierung“ aus Sicht der Praxis. Die Darstellung der Divergenz von schülerorientiertem Unterrichten und entsprechenden konzeptuellen Vorstellungen hat zum Ziel, die Grenzen der Umsetzbarkeit von Schülerorientierung aufzuzeigen. Dabei werden die in diesem Konzept enthaltenen Werte – Mitbestimmung von Schüler/inne/n in der Gestaltung von Lernprozessen, Rücksicht auf individuelle Interessen und Wünsche –, deren Verwirklichung unter anderem durch den unzureichenden Praxisbezug didaktischer Theorie verhindert wird, nicht verworfen, sondern als notwendiges Ziel von Unterricht festgehalten.